Vom Einsatz zurück
Konzentriert, engagiert und umsichtig
Reportage über die Polizeiarbeit im Erfurter Norden, Teil 1
Wir sind in Thüringens größter Polizeidienststelle – dem Inspektionsdienst Erfurt Nord – und neugierig auf das Innere des modernen, 2007 eingeweihten Baus. Und darauf, einen Einblick in die Arbeit der Polizei zu erhalten.
Wir melden uns an der Wache. Die Beamtin hinter dem Tresen hat gut zu tun. Wir warten, bis wir an der Reihe sind und bekommen bereits einen ersten Eindruck von der Arbeit der Polizisten. Wir sind verabredet mit Polizeihauptmeister Michael Kalausch. Er führt uns durch die panzerglasgeschützte Schleuse und wir stehen im Atrium, freier Blick über drei Stockwerke.
Zeit, das Bauwerk zu betrachten bleibt uns zunächst nicht. Im Erdgeschoss, erfahren wir, arbeitet der Streifendienst. Das Herzstück – die Funkzentrale – dürfen wir betreten und den Beamten kurze Zeit zuschauen. Hier laufen die Anrufe von Bürgern ein und die Anforderungen der Landeseinsatzzentrale. Und auch die Meldungen, wenn die Kollegen Unterstützung brauchen. Die beiden Beamten entscheiden hochkonzentriert und schnell, wie viele und welche ihrer Kollegen wo zum Einsatz kommen. Die Entscheidungskriterien: Wichtigkeit, Dringlichkeit, personelle Ressourcen.
Damit nicht genug. Sie überwachen, kontrollieren und dokumentieren die Einsätze. Alles muss “gerichtsfest“ sein, erfahren wir. Im Raum dahinter sitzt der Dienstschichtleiter. Er trägt die Verantwortung und ist bei besonderen Einsätzen selbst mit vor Ort.
Die Einsätze sind so unterschiedlich wie die Gefahrensituationen. Die Täter gilt es festzusetzen, und zugleich ihre Rechte zu wahren. Ob Familienstreitigkeiten, Auseinandersetzungen zwischen Nachbarn, schwere Verkehrsunfälle, Drogenkriminalität, Überfälle, Diebstähle – die Polizisten müssen auf die jeweilige Situation schnell und angemessen reagieren. Dafür sind sie gut ausgebildet und doch braucht es viel Erfahrung. Deshalb arbeiten im Inspektionsdienst Erfurt Nord junge Kollegen mit “alten Hasen“ im Team. Was man in der Ausbildung nicht lernen kann, nur in der täglichen Arbeit – den Anblick eines Toten verkraften, von der Schusswaffe in Gefahrensituationen tatsächlich Gebrauch machen, sich mit der Aggressivität eines oder mehrerer Täter direkt konfrontiert sehen. Und diese Aggressivität steigt, erfahren wir.
Intensive, regelmäßige Weiterbildung und der Erfahrungsaustausch untereinander sind unabdingbar. Ebenso Kollegialität und Verlässlichkeit. Was den meisten Menschen im Leben nie begegnet oder widerfährt, ist hier an der Tagesordnung. Diese Erlebnisse gilt es zu bewältigen, vielleicht auch zu verdrängen.
Was treibt die Polizisten sich diesen Situationen immer wieder auszusetzen, sich selbst oft in Gefahr zu bringen, all die Dinge zu sehen, wo man am liebsten wegschauen würde? „Das größte Lob für mich ist, wenn mir eine Mutter die Hand drückt, weil wir ihr Kind wieder gefunden haben. Wenn ein Verletzter, der ins Krankenhaus transportiert werden muss, mir noch einmal dankbar zunickt. Wenn wir Leben retten konnten.“, beantwortet Michael Kalausch unsere Frage. Er ist seit 33 Jahren auf Streife, kennt die Polizeiarbeit in allen Facetten. Wir würden ihn gern begleiten auf Streife. Dürfen wir? Wir dürfen. Später.
Zunächst weiter im Gebäude. Ebenfalls im Erdgeschoss: Gewahrsamszellen. Hier werden Verhaftete “zwischenuntergebracht“ oder Betrunkene zu ihrem eigenen Schutz. Die Zellen sind durchdesignt, nirgendwo kann man sich verletzten.
Nächste Station: Die erkennungsdienstliche Behandlung. Hier arbeiten speziell ausgebildete Beamte.
Im ersten Stock agiert der Ermittlungsdienst. Er hat Spuren auszuwerten und Vernehmungen durchzuführen. Akten für die Staatsanwaltschaft aufzubereiten, Vorladungen auszusprechen. Also all das auszuwerten und aufzuarbeiten, was der Streifendienst bei seinen Einsätzen aufgenommen hat.
Was wir erleben, ist eine hoch spannende Arbeit, die die Beamten – anders als in manchem Krimi oder im so genannten Reality-Fernsehen dargestellt – sehr motiviert, engagiert und dabei unprätentiös, professionell und freundlich verrichten. Hut ab, vor so viel persönlichem Einsatz. Als Bürger dieser Stadt finden wir das überaus beruhigend.
Mit einer Verabredung zum Streifengang in der kommenden Woche verabschieden wir uns. Ausgestattet mit einer Menge Eindrücken, die die nachfolgenden Bilder ansatzweise widerspiegeln.
Autor: B. Köhler Fotos: S. Forberg
Der Inspektionsdienst Erfurt Nord – moderne Architektur und hohe Standards in Sachen Sicherheit und Funktionalität
Erste Anlaufstation – die Wache
Polizeihauptmeister Michael Kalausch
Die Beamten arbeiten hochkonzentriert. In der Funkzentrale wird koordiniert und dokumentiert.
Hier wird entschieden, wer wann wo und mit wem zum Einsatz kommt.
Der Dienstschichtleiter überwacht und verantwortet. Bei besonderen Einsätzen ist der erfahrene Beamte selbst vor Ort.
Gewahrsamszelle
Zwei Kontaktbereichsbeamte im Gespräch
Körperliche Fitness ist unabdingbar – der Sportraum.
Hier ist das sichere Laden der Dienstwaffen möglich.