Die Wettermacher oder warum Borussia Dortmund in Erfurt nicht landen konnte

Beobachten, aufzeichnen, auswerten – der Deutsche Wetterdienst (DWD) ist die maßgebliche meteorologische Institution unseres Landes. In Erfurt ist der DWD am Flughafen ansässig. Der liegt – zugegeben – nicht so richtig im Erfurter Norden, aber nahe dran und interessant ist er allemal. Wir durften den erfahrenen Wetter-Beobachtern bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen. Und natürlich – sie “machen“ das Wetter nicht, doch ihre Arbeit ist für uns alle von immenser Bedeutung.

Jacke aus, Gürtel ab … wir absolvieren die Sicherheitsschleuse mit allem Drum und Dran, ganz so, als würden wir in Kürze ein Flugzeug besteigen. Im Übrigen auch unser Begleiter Uwe Klotz, Leiter der Erfurter Flugwetterwarte, der uns aus dem Flughafengelände heraus in Empfang genommen hat. Jeder Mitarbeiter geht durch diese Prozedur, sooft er den Sicherheitsbereich verlässt und wieder betreten möchte.

Dann besteigen wir den Dienstwagen und umrunden das Rollfeld. Auf einer Länge von rund vier Kilometern schlängelt sich die schmale Asphaltstraße, bis wir die Beobachtungsstation auf der anderen Seite erreichen. Unterwegs werden wir bereits auf die Messgeräte aufmerksam an den s.g. Aufsetzpunkten der Start- und Landebahn, also dort, wo die Flieger die Bahn berühren: Geräte, die die Windgeschwindigkeit messen, Sichtmessgeräte, die dem Piloten darüber Auskunft geben, wie weit er sehen kann und Wolkenhöhenmesser, die den Abstand zwischen der Unterschicht der Wolken oder des Nebels und der Start- und Landebahn bestimmen.

Neblig ist es am Erfurter Flughafen heute auch – wie so oft. Diese Besonderheit – Nebel am Flughafen, wenn in der Umgebung keiner ist – ist auch ein Grund dafür, dass der Erfurter Flughafen technisch hervorragend ausgerüstet ist. Wir fragen, was wohl in den letzten Tagen alle gefragt haben: Warum konnte die Mannschaft von Borussia Dortmund zum Eröffnungsspiel der Arena nicht landen? Der Pilot hatte wohl nicht die nötige Qualifikation oder seine Maschine nicht die notwendige technische Ausstattung, um unter diesen Wetterbedingungen landen zu dürfen. Rund eine Stunde kreiste er über dem Areal in der Hoffnung auf ein “Nebelloch“, dann musste er umkehren, weil er für weitere Extrarunden nicht ausreichend Treibstoff hatte, um noch zurück nach Dortmund zu kommen. Der Erfurter Flughafen jedenfalls hätte ihn und seine Passagiere auch “blind“ sicher auf die Erde gebracht. Fluglotsen und DWD stehen bei solchen Landemanövern im permanenten Kontakt.

Von der exzellenten technischen Ausstattung des Flughafens können wir uns dann auch direkt überzeugen: Die Beobachtungsstation – ein moderner Bau mit erhöhter, verglaster Kanzel ermöglicht den Beobachtern beste Sicht auf das Rollfeld, den Tower, den Terminal und in die Umgebung. Bis zu 95 Kilometer weit, sofern das Wetter das zulässt. Heute aber ist alles in milchiges Grau gehüllt, die Stadt können wir nur erahnen, zeitweise verschwindet auch der Tower im wabernden Nebel. In diesem Landebahnbeobachtungshaus, wie es korrekt heißt, laufen alle Messdaten der am Flughafen positionierten Geräte auf, zudem sind die überregionalen, nationalen und internationalen permanent abrufbar.

Die Datenerhebung unterliegt strengen Regularien. So ist weltweit einheitlich definiert, wo, wie und wann Windgeschwindigkeiten und -richtungen gemessen, Temperaturen erfasst, Niederschlagsmengen quantifiziert, Kameras positioniert und Sensoren anzubringen sind. Nur diese strikte Vereinheitlichung ermöglicht überhaupt Wetterprognosen auf der Basis verlässlicher und vergleichbarer Daten. Denn das Wetter hält sich weder an Landes- noch kontinentale Grenzen. Genausowenig wie der Mensch in seinem Reiseverhalten. Und es ist essentiell wichtig, dass die Piloten nicht nur das Wetter am Abflugort kennen, sondern auch wissen, was sie in der Höhe erwartet und bei der Ankunft. Den Luft- und Schifffahrtsverkehr mit verlässlichen Daten zu versorgen, ist eine der Kernaufgaben des Deutschen Wetterdienstes. Er ist eingebettet in die Weltorganisation der Meteorologie und untersteht dem Bundesvekehrsministerium.

An den 16 internationalen Verkehrsflughäfen in Deutschland unterhält der DWD Flugwetterwarten. Acht Mitarbeiter arbeiten in Erfurt rund um die Uhr im Drei-Schicht-System. Die Wetterbeobachter prüfen nicht nur die von den Messgeräten gelieferten Daten auf Plausibilität, sie beobachten zudem Wolken und sogar Vogelschwärme – beides immens wichtig für die Sicherheit des Flugverkehrs. Alle dreißig Minuten wird eine Wettermeldung erstellt. Treten wichtige Ereignisse wie Gewitter, Sturm oder Hagel ein, werden diese Informationen unverzüglich übermittelt. Auf Havarien ist man ebenfalls vorbereitet: Stromausfälle werden mit riesigen Notstromaggregaten überbrückt.

Nein, Wetter “machen“ die Beobachter vom Erfurter Flughafen nicht, aber sie liefern verlässliche Daten für gute Prognosen, die uns wiederum im Verkehr sichern – meist auf der Straße, wenn sich Glatteis, Starkregen oder andere Wetterkapriolen ankündigen. Aber auch in der Luft und zur See. Apropos gute Prognosen: Die sind ausgerechnet für Thüringen ziemlich schwierig, weil unser kleines Bundesland ungewöhnlich viele geografische Besonderheiten und damit ein sehr heterogenes Wetter aufweist: In den Flussniederungen anderes als im Mittelgebirge und anderes als im Thüringer Becken. Wir sind beeindruckt von der Präzision und der Begeisterung, mit der die Wetterbeobachter am Werk sind und beruhigt, dass gut auf uns aufgepasst wird.

Autor: B. Köhler  Fotos: Sandra Forberg

Die Wetterwarte am Flughafen gegenüber dem Terminal

Uwe Klotz, Leiter der Wetterwarte, erklärt, wie Daten erfasst und übermittelt werden.

Der Wettergarten mit diversen Messgeräten

Messung der Niederschlagsmenge 

Windmessanlage

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